Immer weniger Fische in Neckar und Max-Eyth-See

Die Fischbestände im Neckar und am Max-Eyth-See sind nach wie vor rückläufig. Wissenschaftler, die im Auftrag der Landesregierung darüber geforscht haben, sehen als einen wichtigen Grund den fischfressenden Kormoran. Die Fischereiforschungsstelle in Langenargen hat vor einigen Jahren im Auftrag der Landesregierung die Untersuchungen zur Wasserrahmenrichtlinie des Fischbestandes erstellt. Diese Forschungsstelle ist dem entsprechenden Landesministerium unterstellt. Zudem wurden bundesweit Fließgewässer von Biologen auf den Fischbestand untersucht. Die Wissenschaftler kamen unisono zu dem Schluss, dass es einige Faktoren gibt, die für den Rückgang der Fische verantwortlich sind. Haupt- und ausschlaggebender Faktor sei die Zunahme der Kormoranbestände. „Der Fischbestand heute betrage nur noch 20 Prozent gegenüber dem in den 80er Jahren, obwohl die Wasserqualität besser geworden ist“, berichtet Hans-Hermann Schock, 1. Vorsitzender des Württembergischen Anglervereins (WAV). Diese Entwicklung betreffe den Neckar, der schon in der Verbauung so war wie in den 80er Jahren. Da habe sich in den vergangenen Jahren nichts weiter groß geändert, so Schock. Diese Aussagen seien von der Landesfischereistelle veröffentlicht worden. Schock zählte am Max-Eyth-See vor über zehn Jahren 150 Kormorane. Jeder Vogel fresse etwa 500 Gramm Fisch am Tag. Solange der Fischbestand im Neckar nicht wesentlich verbessert werde, werden auch gegen den übertriebenen Schutz beim Kormoran die Vorgaben zur Wasserrahmenrichtlinie der Bundesrepublik nicht erreicht, so Schock. Es sei damit zu rechnen, so der Vereinsvorsitzende, dass die Bundesrepublik Strafen in Höhe von mehreren Millionen Euro durch die Europäische Union erreichen werden.

Der Grund: Der wesentliche Bestandteil der Rahmenrichtlinie sei der Fischbestand. „Den werden wir nicht erreichen“, so Schock. Was nun für den Erhalt der Wasserrahmenrichtlinie getan werden könne? Schock blickt auf die Schweiz, die die Kormorane zähle und schaue, für wie viele der Vögel Platz sei und die Menge durch Jagd begrenze. Die von der Regierung beauftragten Wissenschaftler kommen alle zu dem gleichen Ergebnis. Trotzdem würden die Vogelschützer dies negieren, so Schock. Er kennt nur einen Fisch, der die Situation gut meistert: die Schwarzmaulgrundel. Sie werde vom Kormoran nicht gefressen.

Viele Kormoranarten werden von der Weltnaturschutzunion, der IUCN (Internationale Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen) in einem Gefährdungsstatus gelistet. Der Gemeine Kormoran (Phalacrocorax carbo) sei laut Wikipedia nicht gefährdet - seine weltweite Population wird auf 1 bis 1,6 Millionen Exemplare geschätzt.

Der für Fischerei zuständige Minister Peter Hauk (CDU) hat im März eine stärkere Bejagung des Kormorans angekündigt und sich mit Naturschützern angelegt. Der Vogel komme inzwischen so massiv am Bodensee und anderen Gewässern Baden-Württembergs vor, im Land gebe es 10 000 Kormorane, dass dadurch die Bestände von ohnehin schon gefährdeten Fischarten wie der Äsche und der Bachforelle abzusinken drohten, sagte Hauk. „Zwar ist der Abschuss von Kormoranen zu bestimmter Zeiten im Jahr zulässig, aber das reicht nicht.“ So sei die Bejagung in Naturschutzgebieten und EU-Schutzgebieten nur eingeschränkt möglich, etwa am Bodensee, am Neckar oder am Kocher - „aber genau da kommt der Kormoran sehr stark vor“, so Hauk. Daher sollte die Bejagung in Schutzgebieten vereinfacht werden. Die FDP im Landtag unterstützte Hauks Vorhaben, die Grünen und der Naturschutzbund widersprachen.

Quelle: Esslinger Zeitung, 20.06.17
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