In den Stadtstaaten ist der Rückgang der Spatzen am stärksten

Spatzen (Passer domesticus) gehörten einst zu den häufigsten Stadtvögeln überhaupt. Doch wenn man sich heute in Bremens Straßen und Gärten umsieht, erblickt man kaum noch einen der kleinen braunen Vögel. Die Zahl der Spatzen hat in ganz Deutschland in den vergangenen 25 Jahren so stark abgenommen, dass sie mittlerweile auf der Vorwarnstufe der Roten Liste stehen. In den Stadtstaaten ist der Rückgang am stärksten. Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts galt der Spatz in vielen deutschen Städten als Plage. "Er war der freche Stadtvogel, der den Leuten auch gern mal was vom Teller pickte", sagt Sönke Hofmann, Geschäftsführer des Naturschutzbund (Nabu) Bremen. Spatzen saßen auf jedem Dach und in jeder Hecke. Wenn Gartenbesitzer ein Futterhäuschen aufhängten, bestückten sie es mit Körnern, die für Spatzen ungenießbar waren. Denn wer beobachtet schon gern Vögel, die es an jeder Straßenecke zuhauf gibt? "Man wollte lieber die besonderen Vögel anlocken", so Hofmann. Heute hingegen kann man den Spatz zu eben diesen besonderen Vögeln zählen.

Wer nicht sucht, bekommt kaum noch einen der zwitschernden Stadtbewohner zu Gesicht. In den vergangenen 25 Jahren ist der Bestand der kleinen braunen Vögel in Deutschland um 20 bis 50 Prozent zurückgegangen. In den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin sind es sogar über 50 Prozent weniger Spatzen als Ende der 80er-Jahre. Hofmann erklärt den Rückgang damit, dass der Spatz es immer schwerer hat, seine Grundbedürfnisse zu erfüllen: "Es herrscht in den Städten sowohl Wohnungs- als auch Nahrungsmangel für die Spatzen." Natur- und Tierschutzbünde schlagen schon seit Jahren Alarm wegen des deutschlandweiten Spatzenmangels. Mit Aktionen wie "Rettet den Spatz" oder "Macht Platz für den Spatz" versuchen sie den Abwärtstrend aufzuhalten. Die Deutsche Wildtierstiftung bietet Info-Material über die bedrohten Vögel an - wie etwa eine Janosch-Spatzenkiste für Grundschulkinder - und gibt Tipps, wie der Einzelne seinen Garten spatzenfreundlicher gestalten kann. So rät die Stiftung, auf Pflanzenschutzmittel und andere Gifte zu verzichten, artenreiche Gärten mit einheimischen Sträuchern und Wildkräutern anzulegen und Brutplätze zu schaffen, etwa indem Nistkästen angebracht werden. "Spatzen sind Koloniebrüter", sagt Sönke Hofmann. Es gibt spezielle Nistkästen, die sich "Spatzenreihenhäuser" nennen und dem Brutverhalten der Vögel entgegenkommen. Bestellt werden können sie etwa bei der deutschen Wildtierstiftung, aber auch einige Fachgeschäfte haben sie im Angebot. Dass Spatzen besonders in den Stadtstaaten weniger werden, liegt laut Hofmann daran, dass sie hier wenig Ausweichmöglichkeiten aufs Land haben. In Flächenländern wie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen können die Vögel aus den Ballungsgebieten flüchten, wenn dort zu wenig Nahrung vorhanden ist. Deshalb haben sie in den Bundesländern mit viel ländlichen Gegenden höhere Überlebenschancen.

Quelle: Weser Kurier, 3. Januar 2013
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